Historische Entwicklung des Landmaschinenbaus
Obergurig

Historie 1951 bis 1966                                                                                    zurück

Der Zusammenschluß 

Am 2. Mai 1951 fand in Singwitz der Zusammenschluß und damit die Einverleibung des VEB Kombinus Dreschmaschinenbau Singwitz nach Neustadt, zusammen mit weiteren Betrieben statt. Aus Leipzig war von der VVB LBH der Hauptdirektor Herr Bernicke gekommen. Die Diskussion war vor allem zwischen den Singwitzer und den Neustädter Vertretern kontrovers. Als neuer Firmensitz standen Singwitz oder Neustadt zur Debatte. Da aber Herr Thieme aus Neustadt bereits Erfahrungen beim Zusammenschluß mit dem Betrieb Stolpen hatte und einen guten Kontakt nach Leipzig zur VVB pflegte, konnte am Schluß nur Neustadt in Frage kommen, da er wohl vom Hauptdirektor Herrn Bernicke für diesen Posten schon vorgesehen war. So entstanden dann die VVB - LBH Landmaschinenwerke - Neustadt in Sachsen mit folgenden Betrieben:
 

In Singwitz wurden die modernen Pressdrescher in verschiedenen Varianten als KD25, KD32, K114, K115 und schließlich als Weiterentwicklung die K117 gebaut. Die K117 besaß einen angebauten 17-KW-Motor, verschiedene Zusatzeinrichtungen wie Ferneinleger, Rollzubringer, automatische Garbenaufschneidevorrichtung mit Schäleinlegertrommel, Beleuchtungsanlage für Nachtdrusch und Sackheber. Als Bedienungspersonal waren 5 Mann erforderlich. Die Druschleistung betrug 2000 kg/h. Sie wurde bis 1960 in hohen Stückzahlen in Singwitz gebaut und war damals die modernste Dreschmaschine Europas!



Felddrusch mit der K117

Mähdrescher aus Singwitz

Mit dem Thema Mähdrescher beschäftigten sich die Singwitzer in verschiedenen Schritten. Als erstes begann 1951 die Entwicklung eines Anhängemähdreschers unter der Leitung des schon bei Hermann Raussendorf tätigen Konstrukteurs Erwin Bayn. Das Prinzip war ein Anhängemähdrescher, der zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon veraltet war und vor dem Krieg von Herstellern wie Lanz und Claas produziert wurde. Einige dieser Modelle wurden in den Nachkriegsjahren in Singwitz repariert. 1952 wurde auf der Gartenbauausstellung in Leipzig Markleeberg ein solcher Mähdrescher ausgestellt. Die Bezeichnung war „LBH 52 – Kombinus“. Später „E 162“. Davon wurden bis 1956 in Singwitz etwa 54 Stück gefertigt. 


Anhängemähdrescher Kombinus in Singwitz

Nach sowjetischen Vorbild sollte die Fertigung des S4 (C4) in der DDR beginnen. Der „Stalinez“ war eine Vorkriegsproduktion, die die Sowjetunion als Lizenz von den USA in den 30iger Jahren zu bauen begann. Dieses Modell war eigentlich auch schon veraltet und für die Verhältnisse in Mitteleuropa ungeeignet. Schon 1952 begannen die Vorbereitungen. Zeitzeugen (u.a. Herr Christoph) berichten über diese kurze Epoche: Anfang 1953 begann in Singwitz die Musterfertigung von 6 Maschinen. Das Fahrgestell mit H3A-Motor kam aus Hainichen/Sa. 30 Schlosser fertigten die Dreschwerke, die dann auf die Fahrgestelle aufgesetzt wurden. Ende Mai waren die Mähdrescher fertig. Auf dem Sportplatz am Bad (heutiger Standort der Halle 5 und des alten Sozialgebäudes) wurden die Motoren mit Dreschwerk im Dauerlauf getestet.


Die ersten Mähdreschermonteure in Singwitz

Das Schneidwerk hatte, wie beim russischen S4, eine Breite von 4 Metern. Im Straßenverkehr wurden die Mähdrescher von den KFZ-Monteuren aus Hainichen gefahren. Ende Juni erfolgte ein Versuchsdrusch von Gerste in Soculahora. Auf dem Feld fuhren die Fortschritt-Monteure die Maschinen auf Hochleistung. Dann erfolge der Einsatz der Mähdrescher in verschiedenen Klimazonen der DDR. Herr Christoph war im Oderbruch. Die Maschine war auf einer MTS stationiert, dort wurden auch Verschleißteile gewechselt und die Maschine gewartet. Mit im Einsatz waren Strohwagen. Täglich wurden alle Einsätze und Ergebnisse gewissenhaft protokolliert. Die Maschinen wurden bei der Ernte auf Hochleistung gefahren. Nach den Erprobungseinsätzen kamen alle 6 Kombines nach Singwitz zurück. In der Zwischenzeit wurden hier Verschleißteile angefertigt, die dann ausgewechselt wurden. Die 6 überholten Maschinen sind an eine MTS verkauft wurden.


Versuchsmuster mit Strohwagen

Die Serienproduktionsaufnahme erfolgte in Weimar. Dort wurde der Mähdrescher weiterentwickelt und serienreif gemacht. Dazu gingen Singwitzer Kollegen dorthin, die zum Teil in Weimar blieben. Ein Grund warum die Produktion nicht in Singwitz blieb, war sicher die Fertigung von modernen Pressdreschern, die hier produziert wurden und in hohen Stückzahlen in die Sowjetunion geliefert werden mussten. Um das zu erreichen, wurde die Strohpressenproduktion von Singwitz in andere Fortschrittwerke ausgelagert (Kirschau/Wilthen und Stolpen). Mit der Veränderung der landwirtschaftlichen Produktionsweise durch Bildung von Produktionsgenossenschaften und der verstärkten Produktion von Kartoffelrodemaschinen in Weimar wurde 1960 die Produktion des Mähdreschers E 175 „Patriot“ nach Singwitz verlagert. Bereits 1959 begannen die Vorbereitungen dazu. Nachdem 1960 eine neue Montagehalle fertiggestellt war, die an den alten Kombinusbau anschloß, in dem bisher die K 117 montiert wurde, verließ am 25. April der erste E 175 die neue Taktstraße.


E175 aus der Singwitzer Produktion

Eine Weiterentwicklung des E 175, der E 510 mit veränderter Auslaufhaube sowie eines stärkeren Motors, der aber nicht dem Weltniveau entsprach, wurde vom VIII. Deutschen Bauernkongress im Februar 1964 abgelehnt.